München, 11.04.2025. Die Umsetzung der Weidepflicht für die bayerischen Bio-Betriebe war das Thema des Spitzengesprächs am Mittwoch von Staatsministerin Michaela Kaniber mit der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. (LVÖ Bayern), der Molkerei Gropper, der Andechser Molkerei Scheitz sowie der Präsidenten der Anbauverbände Bioland und Naturland, die Interessen des deutschen Dachverbands BÖLW sowie die Europäische Vereinigung IFOAM Organics Europe vertreten. Im Schulterschluss von Bio-Verbänden, deren politischer Vertretung und der Bio-Verarbeitung machten sich alle Beteiligten für einen praktikablen Übergang zur Umsetzung der Weidevorgaben stark. Der zentrale Punkt: Um möglichst viele Betriebe auf dem Weg zur Weide mitnehmen zu können, ist vor allem eine längere Übergangszeit notwendig.
Staatsministerin Michaela Kaniber bestätigte im Gespräch ihre Unterstützung für eine Änderung des Weidepapiers im Hinblick auf eine längere Übergangszeit und sagte zu, sich bei der Europäischen Kommission dafür weiterhin stark zu machen. Auch im Hinblick auf das bayerische KULAP wurden nochmals Spielräume geprüft, um den Bio-Bauern und Bio-Bäuerinnen entgegenzukommen. Im Ergebnis wird den Betrieben mit einer laufenden Kulap-Öko-Verpflichtung deutlich mehr Zeit für eine Entscheidung zur Beibehaltung des ökologischen Landbaues gewährt. Sie kann nun bis spätestens 30. September 2025 getroffen werden und nicht bereits bis zum Ende der Mehrfachantragstellung (15. Mai).
Barbara Scheitz und Heinrich Gropper, die beiden größten Biomilchverarbeiter Deutschlands, werben für Zuversicht für die Bio-Bauern und Bäuerinnen. Mit einer längeren Übergangsfrist und Pragmatismus in der Umsetzung könnten viele Betriebe in der Bio-Produktion bleiben. Sie betonten die vorhandene hohe Nachfrage für Bio-Milch und Bio-Molkereiprodukte. Durch die abrupte Umsetzung der Weidepflicht müssten Lieferbetriebe aus der Bio-Erzeugung aussteigen, die teilweise seit Jahrzehnten Bio-Bauern und -Bäuerinnen sind. Dies würde zu einer großen Kluft zwischen Angebot und Nachfrage führen und zudem den Strukturwandel in der Landwirtschaft beschleunigen.
Teil des Gesprächs war auch der von Staatsministerin Kaniber unternommene Vorstoß bei Agrarkommissar Hansen, eine Härtefall-Regelung in der EU-Öko-Verordnung vorzunehmen. In der Verordnung soll eine Passage eingefügt werden, die es den zuständigen Behörden erlaubt, in einzelnen Härtefällen Ausnahmen von der Weidepflicht für einzelne Tiergruppen zu erteilen, falls ein Weidezugang aufgrund struktureller Gründe oder behördlicher Einschränkungen nicht möglich ist oder veterinär-medizinische Gründe gegen einen Weidegang sprechen.
Thomas Lang, 1. Vorsitzender der LVÖ Bayern: „Wir sind froh und dankbar, dass wir eine so deutliche Unterstützung seitens des bayerischen Landwirtschaftsministeriums für eine längere Übergangsfrist erfahren haben. Das Ministerium ist auf europäischer Ebene diesbezüglich aktiv. Das ist eine positive Botschaft an die Betriebe. Die Kommission muss sich nun baldmöglichst klar äußern. Wir setzen hier unsere Hoffnungen in EU-Agrarkommissar Christoph Hansen. Die Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern brauchen Gewissheit und Sicherheit.“
Hubert Heigl BÖLW-Vorstand Landwirtschaft und Naturland-Präsident: „Wir begrüßen deutlich Bayerns Vorstoß. Auch auf Bundesebene haben wir eine fünfjährige Übergangsfrist gefordert und sind dankbar für den Rückhalt aus Bayern und die Unterstützung durch den Bund.“
Jan Plagge, Bioland-Präsident und IFOAM Organics Europe-Präsident, damit Vertreter der Bio-Branche in Brüssel: „Die Betriebe, die zum Teil seit Jahrzehnten auf Bio gesetzt und investiert haben, brauchen in der Umsetzung des Bio-Rechts einen Vertrauensschutz. Wir setzen unsere Hoffnungen in den EU-Agrarkommissar Hansen, der das Thema Vereinfachung und Entlastung der Erzeuger zum Schwerpunkt seines politischen Wirkens gemacht hat. Hier kann er nun ein deutliches Zeichen setzen.“